Prozessführungsbefugnis einer Wohnungseigentümergemeinschaft zur Geltendmachung von Mängelrechten
Im konkreten Fall hatte eine Immobilienfirma Wohnungen in einem Gebäudekomplex in München verkauft. Bei einer Untersuchung des Bodens auf einer zugeschütteten Kiesgrube wurden Schadstoffe festgestellt. Die Klägerin ist eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. In zwei Eigentümerversammlungen im Mai 2014 und im Oktober 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich die gerichtliche Geltendmachung möglicher Ansprüche wegen Altlasten.
Bedeutsam war zunächst, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft überhaupt prozessführungsbefugt ist. Hintergrund der Frage ist § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes a.F. (WEG). Dieser regelte, dass Eigentümergemeinschaften Mängelrechte aus individuellen Kauf- oder Werkverträgen der Erwerber durch Beschluss an sich ziehen und durchsetzen können. Im Rahmen einer Gesetzesreform entfiel diese Regelung der "Vergemeinschaftung durch Beschluss" aber ersatzlos. Fachleute zogen daraus bislang unterschiedliche Schlüsse.
Mit dem Urteil bleibt es nun bei der bisherigen, flexiblen Praxis. Der BGH judizierte, dass Ansprüche aus den Erwerbsverträgen, die die Mängelbeseitigung betreffen, weiterhin durch Mehrheitsbeschluss "vergemeinschaftet" werden können. Aus der Verwaltungsbefugnis für das gemeinschaftliche Eigentum sowie der im WEG geregelten Pflicht zu dessen Erhaltung ergebe sich unverändert die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Enger gefassten Sichtweisen erteilte der BGH somit eine Absage. In der Pressemitteilung berief sich der BGH auch auf die Gesetzesbegründung, der zufolge die bisherige Rechtsprechung zum Bauträgerrecht, nach der eine Vergemeinschaftung von werkvertraglichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen möglich war, fortgelten soll. Entsprechendes müsse für die Vergemeinschaftung von kaufrechtlichen Erfüllungs- und Nacherfüllungsansprüchen gelten. Der nach der Reform unveränderten Interessenlage der Wohnungseigentümer trage lediglich diese Sichtweise hinreichend Rechnung.
In der Sache trägt die von dem Oberlandesgericht gegebene Begründung die Verurteilung der Beklagten zur Nacherfüllung und somit zur Beseitigung der Altlasten nach § 439 Abs. 1 BGB nicht. Zwar ist die Annahme, dass das Grundstück wegen des Vorfindens einer aufgefüllten Kiesgrube und eines hierdurch begründeten Altlastenverdachts einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB a.F. aufweist, nicht zu beanstanden. Die von dem Verkäufer wegen eines Altlastenverdachts geschuldete Nachbesserung umfasst aber zunächst nur die Ausräumung des Verdachts durch Aufklärungsmaßnahmen. Beseitigung von Altlasten kann der Käufer erst dann verlangen, wenn sich der Verdacht bestätigt. Entscheidend ist deshalb, ob über den Altlastenverdacht hinaus eine tatsächliche Bodenbelastung in einem Umfang vorliegt, der die von dem OLG ausgesprochene Verurteilung zur Sanierung trägt. Hiervon kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden.
Bei Rückfragen zu dieser Entscheidung sowie ihren individuellen Auswirkungen stehen Ihnen Frau Rechtsanwältin und Notarin Simone Krziwanek, Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. Robert Scherzer, Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Volkmann sowie Herr Rechtsanwalt und Notar Oliver Merleker gern zur Verfügung.