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Keine digitale Zukunftsmusik - Online-Gründung der GmbH kommt 2022

Das Bundeskabinett hat am 10. Februar 2021 einen Regierungsentwurf (RegE) zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) des Europäischen Parlaments beschlossen, der von August 2022 an auch die GmbH-Online-Gründung mittels Videokommunikation mit dem Notar ermöglicht.

Vorgesehen ist auch eine neue elektronische Variante der öffentlichen Beglaubigung und eine stärkere grenzüberschreitende Berücksichtigung nationaler Bestellungshindernisse für Mitglieder von Geschäftsleitungsorganen sowie verschiedene Änderungen von Publizitätsvorschriften, insbesondere zum Handels- und zum Unternehmensregister.

Der Referentenentwurf enthält eine Reihe von Regelungen, die teilweise grundlegende Änderungen im System des deutschen Registerwesens zur Folge haben.

Online-Gründung der GmbH und weitere Online-Verfahren für Registeranmeldungen bei Kapitalgesellschaften

Zur Ermöglichung der Online-Gründung der GmbH werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation geschaffen, § 2 Abs. 3 GmbHG-E: „Die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags sowie im Rahmen der Gründung der Gesellschaft gefasste Beschlüsse der Gesellschafter können im Fall einer Gründung ohne Sacheinlagen auch mittels Videokommunikation gemäß den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes erfolgen.“ Für die „Unterzeichnung“ des digitalen Gesellschaftsvertrags genügt eine qualifizierte elektronische Signatur sämtlicher Gesellschafter (in Deutschland insbesondere der E-Personalausweis mit einem entsprechenden Signaturzertifikat).

Darüber hinaus soll die öffentliche Beglaubigung qualifizierter elektronischer Signaturen mittels Videokommunikation durch Notarinnen und Notare ermöglicht werden, wodurch auch die Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Einreichung von Urkunden und Informationen vollständig online erledigt werden können.

Die Beurkundung von Willenserklärungen soll mittels eines von der Bundesnotarkammer betriebenen Videokommunikationssystems geschehen (§ 16a BeurkG-E); der Notar soll sich dann "Gewissheit über die Person der Beteiligten" anhand eines elektronischen Identitätsnachweises verschaffen (§ 16c BeurkG-E).

Vereinfachte Offenlegung von Registerinformationen und Reduzierung der Gebühren

Aufgrund der Vorgaben der Digitalisierungsrichtlinie darf es zukünftig bei der Offenlegung von Urkunden und Informationen nicht länger auf die Offenlegung in einem separaten Amtsblatt oder Portal ankommen. Es soll daher eine Umstellung des bisherigen Bekanntmachungswesens und der bisherigen Offenlegungsstruktur dahingehend erfolgen, dass es nicht länger einer separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal bedarf, sondern dass Eintragungen in den Registern zukünftig dadurch bekannt gemacht werden, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden. 

Da die Richtlinie zudem eine sehr umfassende kostenlose Zugänglichmachung von Registerinformationen über das Europäische System der Registervernetzung erfordert, soll zukünftig für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, generell auf die Erhebung von Abrufgebühren verzichtet werden. Zur Vereinheitlichung soll dies auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten. Die Kosten für die Bereitstellung dieser Daten und Dokumente soll durch Erhebung einer Bereitstellungsgebühr kompensiert werden.

Verbesserter grenzüberschreitender Informationsaustausch über Zweigniederlassungen

Des Weiteren sind infolge der Vorgaben der Digitalisierungsrichtlinie zukünftig im Handelsregister auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland einzutragen. Hinsichtlich der Anmeldung und Eintragung von Zweigniederlassungen im Inland von einer Kapitalgesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaates des EWR unterliegt, werden einige Erleichterungen eingeführt. 

Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer

In Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie werden zudem erstmalig Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen eingeführt. Diese sollen zukünftig einerseits die Berücksichtigung inländischer Bestellungshindernisse für die Bestellung von Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR ermöglichen und andererseits spiegelbildlich in Deutschland die Berücksichtigung von Bestellungshindernissen oder entsprechenden Informationen aus anderen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten erleichtern.

Die europäische Digitalisierungsrichtlinie sieht grundsätzlich eine Umsetzung der meisten Vorgaben bis zum 1. August 2021 vor. Allerdings wurde den Mitgliedstaaten in der Richtlinie eine Option zur Verlängerung der Umsetzungsfrist um ein Jahr (bis 1. August 2022) eingeräumt, von der für Deutschland Gebrauch gemacht wurde. Der Gesetzentwurf enthält indes noch keine Online-Varianten für GmbH-Sachgründungen, für Gründungen weiterer Gesellschaftsformen (z. B. AG, KGaA) sowie für spätere beurkundungspflichtige Vorgänge (z. B. Satzungsänderungen, Anteilsübertragungen). Eine solche Erweiterung soll nach dem RegE jedoch „zeitnah“ geprüft werden.

Zu den anstehenden Änderungen informieren Sie gern Frau Rechtsanwältin und Notarin Simone Krziwanek, Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Volkmann, Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. Robert Scherzer sowie Rechtsanwalt und Notar Oliver Merleker.