+49 (0)30 306 90010

merlekerpartner
rechtsanwälte PartG mbB

Hardenbergstraße 10
10623 Berlin-Charlottenburg

Über dieses Symbol gelangen Sie von jeder Seite aus auf das Hauptmenü und können sich so bequem durch die mobile Website navigieren.

Erleichterungen und kontaktreduzierende Maßnahmen im Gesellschaftsrecht

Auch das Gesellschaftsrecht ist durch die globale COVID-19-Pandemie vor neue Herausforderungen gestellt. Besonders die Beachtung jener Vorschriften, welche Publizitäts- und Partizipationspflichten bei einzelnen gesellschaftsrechtlich relevanten Vorgängen vorsehen, kam in der Praxis bisher kaum ohne persönlichen Kontakt aus.

Der Gesetzgeber hat jedoch bei einigen dieser Konstellationen im Zuge der aktuellen dynamischen Situation Erleichterungen vorgenommen, welche im Folgenden zusammengefasst werden sollen.

I. Virtuelle Gesellschafterversammlung bei der GmbH?

Wenngleich für die Aktiengesellschaft nun die Möglichkeit einer „virtuellen Hauptversammlung“ auch ohne Satzungsregelung möglich wird, ist eine entsprechende Regelung für die GmbH nicht vorgesehen. Erleichtert wird lediglich die Durchführung der Beschlussfassung im Umlaufverfahren nach § 48 Abs. 2 GmbHG. Dieses dispositive und damit durch eine weitgehende Gestaltungsfreiheit in der Satzung gekennzeichnete Recht erlaubt sowohl die Abstimmung per Video- oder Telefonkonferenz als auch eine kombinierte Beschlussfassung.

II. Satzungsänderung

Die Satzungsänderung bedarf gem. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG der notariellen Beurkundung. Besonders bei einer vollständigen Neufassung der Satzung bietet sich derzeit eine Beurkundung in Form der Tatsachenbeurkundung an, da so der Kontakt zwischen den Beteiligten und dem Notar bedeutend reduziert werden kann. Prüfung und Belehrung können bereits im Vorfeld telefonisch oder per Videokonferenz erfolgen.

Dabei muss folgendermaßen differenziert werden:

1. Einstimmige Vollversammlungen

Bei Einigkeit der Gesellschafter genügt es, dass ein Gesellschafter durch die anderen Gesellschafter zur Stimmabgabe bevollmächtigt wird und zur Beurkundung erscheint. Die erforderliche Vollmacht bedarf der Textform, kann aber auch durch eine vollmachtlose Vertretung und nachträgliche Genehmigung durch die Gesellschafter ersetzt werden.

Bei der Erteilung von Stimmrechtsvollmachten sind allerdings die Grundsätze des verbotenen Insichgeschäfts gem. § 181 BGB zu beachten, sodass es im Regelfall eines gesonderten Beschlusses in Form des Umlaufverfahrens oder von in Textform erteilten Vollmachten bedarf, um den Vertreter von den einhergehenden Beschränkungen zu befreien.

2. Mehrheitsentscheidung in Präsenzversammlung

Grundsätzlich ist ordnungsgemäß zur Gesellschafterversammlung zu laden, wenn keine Einigung unter sämtlichen Gesellschaftern erzielt werden konnte. Dabei können sich alle zustimmungswilligen Gesellschafter bei entsprechender Satzungsbestimmung durch Stimmrechtsvollmachten - in Schriftform - vertreten lassen.

3. Umlaufverfahren

Die neue Regelung des MaßnG-GesR erleichtert die Beschlussfassung im Umlaufverfahren. Unabhängig von einer Satzungsregelung und ohne Zustimmung sämtlicher Gesellschafter ist eine Abstimmung im Umlaufverfahren möglich.

Dies betrifft auch beurkundungsbedürftige Satzungsänderungsbeschlüsse mit der Maßgabe, dass eine Beschlussfassung durch Beurkundung der Einzelstimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter erfolgen kann. In dieser Konstellation geben die Gesellschafter einzeln und gegebenenfalls nacheinander ihre Stimme zu Protokoll eines Notars ab (wobei unterschiedliche Notare aufgesucht werden können). Das Notariat führt die generierten Protokolle zusammen und erstellt das Beschlussergebnis.

Zusätzlich vereinfacht werden kann das Umlaufverfahren, indem die zustimmungswilligen Gesellschafter einen von ihnen zur Stimmabgabe bevollmächtigen.

Allerdings soll im Rahmen der Neuregelung die Beschlussfassung im Umlaufverfahren auch und gerade dann möglich sein, wenn sich keine Einigung unter sämtlichen Gesellschaftern erzielen lässt. Dann ist sicherzustellen, dass alle Gesellschafter zur Teilnahme am Umlaufverfahren aufgefordert werden und jedem Gesellschafter die Möglichkeit zur Einverständniserklärung bzw. Verweigerung des Einverständnisses gewährt wird, um eine Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse zu vermeiden.

In der Praxis sollte eine Wochenfrist für Entscheidungen nicht unterschritten werden und das Ladungsschreiben an die Gesellschafter per Einschreiben versandt werden.

4. Handelsregisteranmeldung

Neben dem Geschäftsführer kann auch der Notar die Anmeldung zum Handelsregister vornehmen. Bei Satzungsänderungen sind in der Regel keine höchstpersönlichen Erklärungen durch die Geschäftsführer abzugeben.

III. Kapitalerhöhung

Eine Kapitalerhöhung setzt eine Änderung der Satzung voraus, sodass das oben Gesagte gilt. Zu beachten sind besonders Übernahmeerklärungen bezüglich der neuen Geschäftsanteile, welche der notariellen Beurkundung bedürfen. Die korrespondierende Handelsregisteranmeldung der Kapitalerhöhung hat von sämtlichen Gesellschaftern zu erfolgen und entzieht sich somit weitestgehend kontaktreduzierenden Regelungen.

Ein Sonderfall besteht für die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln: Diese bedarf keiner Übernahmeerklärung.

IV. Unternehmensverträge und Geschäftsführerbestellung

Grundsätzlich können Unternehmensverträge privatschriftlich geschlossen werden. Notariell beurkundet werden müssen allerdings die Zustimmungsbeschlüsse auf Seiten der untergeordneten Gesellschaft.

Die Geschäftsführerbestellung ist eine Kompetenz der Gesellschafterversammlung, dessen Beschluss auch ohne Zustimmung sämtlicher Gesellschafter im Umlaufverfahren gefasst werden kann.

V. Änderung der Geschäftsanschrift

In der aktuellen Situation kann es erforderlich sein, Büroräume oder Filialen aufzugeben. Die Änderung der Geschäftsanschrift setzt eine Anmeldung zum Handelsregister voraus, welche durch den Notar durchgeführt werden kann, indem (überobligatorisch) ein Beschluss beurkundet wird.

VI. Ermächtigung von Geschäftsführern bei Gesamtvertretung

Gehäuft könnte die Situation auftreten, dass ein Geschäftsführer nicht erreicht werden kann. Besteht Gesamtvertretungsbefugnis, kann der verhinderte Geschäftsführer das Geschäft nachträglich genehmigen. Diese Nachgenehmigung ist formfrei möglich.

Möglich ist auch eine Ermächtigung des Geschäftsführers für ein konkretes Geschäft oder für bestimmte Arten von Geschäften.

VII. Nachträgliche Befreiung der Geschäftsführer von § 181 BGB und Nachgenehmigung

Letztlich könnte ein erhöhter Bedarf bestehen, Geschäftsführern Mehrfachvertretungen oder Selbstkontrahierungen zu gestatten, auch wenn sie dazu nicht berechtigt wurden. Bei einer generellen Befreiung bedarf es dafür einer Grundlage in der Satzung, wohingegen eine Befreiung für den Einzelfall durch die Gesellschafterversammlung möglich ist.

Kann diese Befreiung nicht erreicht werden, besteht überdies die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung, da Rechtsgeschäfte des Geschäftsführers ohne Gesellschafterbeschluss bzw. Satzungsregelung schwebend unwirksam sind.

 

Übersicht des Deutschen Notarinstituts.

Bei individuellen Rückfragen bezüglich der Änderungen stehen Ihnen Frau Rechtsanwältin und Notarin Simone Krziwanek, Herr Rechtsanwalt und Notar Christian Volkmann und Herr Rechtsanwalt und Notar Oliver Merleker gerne zur Verfügung.