BGH zum neuen Wohnungseigentumsgesetz: Bauliche Veränderungen erfordern Beschluss
Im Fall hatten die Eigentümer einer Doppelhaushälfte mit dem Bau eines Swimming-Pools auf ihrer Grundstückshälfte begonnen. Dagegen klagte die Eigentümerin der benachbarten Grundstückshälfte erfolgreich auf Unterlassung. Gemäß der Teilungserklärung war die Gartenfläche zwar dem bauwilligen Eigentümer als Sondernutzungsrecht zugewiesen. Ausweislich einer späteren Ergänzung der Teilungserklärung sind sie insoweit allein für Reparaturen und Instandhaltungen verantwortlich und kostenpflichtig. Sondernutzungsrechte geben allerdings lediglich ein ausschließliches Nutzungsrecht, die Flächen bleiben aber nach wie vor Teil des Gemeinschaftseigentums.
Gemäß § 20 Abs. 1 WEG müssen Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum, die über bloße Erhaltungsmaßnahmen hinausgehen (bauliche Veränderungen), durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer gestattet werden. Dieses Erfordernis ist zwar abdingbar, erfordert dann aber eine entsprechende Regelung in der Teilungs- bzw. Gemeinschaftsordnung.
Der BGH hat nun klargestellt, dass allein die Zuweisung eines Sondernutzungsrechts noch nicht zu grundlegenden Umgestaltungen der jeweiligen Sondernutzungsfläche berechtigt. Wird die Grenze zu Erhaltungsmaßnahmen überschritten - wie etwa beim Bau eines Swimmingpools - ist von einem Beschlusserfordernis auszugehen, wenn die Teilungserklärung keine abweichende Reglung vorsieht.
Die recht neue Regelung des § 20 WEG sei insoweit eindeutig: Jede von einem einzelnen Wohnungseigentümer beabsichtigte bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums bedarf eines legitimierenden Gestattungsbeschlusses, selbst wenn kein Wohnungseigentümer in rechtlich relevanter Weise beeinträchtigt wird. So wird sichergestellt, dass die Wohnungseigentümer über alle baulichen Veränderungen des Gemeinschaftseigentums informiert werden. Im Streitfall muss gegebenenfalls ein solcher Beschluss vor Durchführung der Baumaßnahme im Wege der Beschlussersetzungsklage (§ 44 Abs. 1 Satz 2 WEG) herbeigeführt werden. Wird dem zuwidergehandelt, haben die übrigen Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch.
Praxistipp:
Seit dem Inkrafttreten der WEG-Reform Ende 2020 ist es möglich, Sondereigentum auch auf Gartenflächen zu erstrecken. Bei der Aufteilung in Doppelhaushälften, bei denen in der Regel eine weitestmögliche rechtliche Selbstständigkeit gewünscht ist, bietet das eine gute Möglichkeit, Terrassen- und Gartenflächen dem Gemeinschaftseigentum und damit auch dem Beschlusserfordernis zu entziehen. Möchten die Wohnungseigentümer sich dagegen eine spätere Umverteilung vorbehalten und an der Zuweisung bloßer Sondernutzungsrechte festhalten, empfiehlt sich die Aufnahme einer Regelung in die Teilungserklärung, die bauliche Maßnahmen auch ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft gestattet.
Bei Rückfragen zu dieser Rechtsprechung stehen Ihnen Frau Rechtsanwältin und Notarin Simone Krziwanek, Herr Rechtsanwalt und Notar Dr. Robert Scherzer sowie Herr Rechtsanwalt und Notar Oliver Merleker gern zur Verfügung.