Bauträgervertrag: Abnahmeklauseln können unwirksam sein
Dem Urteil zugrunde lag ein Sachmangel an einem Dachunterstand eines von der beklagten Bauträgerin errichteten Hauses. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft schloss im Jahr 2000 mit der Beklagten Bauträgerverträge, welche für die Abnahme des Hauses eine Klausel vorsah, wonach die Abnahme durch den Verwalter zusammen mit einem in der ersten Eigentümerversammlung zu wählenden Abnahmeausschuss vorzunehmen sei.
Im Oktober 2001 erfolgte eine auf eine im Juli 2001 folgende Nachabnahme. Bereits 2002 zeigten sich jedoch erste Mängel am Dachunterstand. Die Beklagte gab ein Gutachten in Auftrag und ließ anschließend erste Sanierungsarbeiten ausführen.
2004 wurde schließlich noch Wohnungseigentum, welches sich zunächst im Eigentum der Beklagten befand, an sogenannte „Nachzügler“ verkauft. In diesen Verträgen wurde ein Ausschluss der Rechte des Käufers wegen Sachmängeln „etwa des baulichen Zustands, der Größe oder versteckter Mängel“ aufgenommen.
Im Oktober 2008 waren die Arbeiten am Dach schließlich beendet, sodass die Eigentümergemeinschaft diese im Juni 2009 abnahm. Das Abnahmeprotokoll enthielt jedoch erneut eine strittige Klausel, wonach „die Gewährleistungspflicht (…) heute (beginnt) und endet, (…) entsprechend der vertraglich festgelegten Gewährleistungspflicht“.
2010 traten wiederum Mängel am Dachunterschlag auf, sodass die klagende Eigentümergemeinschaft im August 2010 die Beklagte zur Mängelbeseitigung aufforderte. Die Beklagte wiederum berief sich mit Schreiben aus dem selben Monat auf die „evident“ eingetretene Verjährung und bot lediglich Gespräche im Kulanzwege an.
Die Kläger forderten eine Vorschusszahlung für die zu erwartenden Reparaturkosten sowie den Ausgleich für ein zwischenzeitlich eingeholtes Gutachten. Nach Ansicht der Kläger hielten die Klauseln des Bauträgervertrages sowie des „Nachzüglervertrages“ einer AGB-Inhaltsprüfung nicht stand. Zudem sei eine Abnahme mangels wirksamer Bevollmächtigung des Abnahmeausschusses nie erfolgt.
Die Beklagte trug wiederum vor, dass es sich bei den Klauseln nicht um AGB handelte, da die Verträge einen unterschiedlichen Wortlaut hätten. Zumindest bei den „Nachzüglerverträgen“ habe sie einen Haftungsausschluss wirksam vereinbaren können. Schließlich liege auch kein von ihr zu vertretender Mangel vor, da die vorgenommenen Arbeiten lediglich aus Kulanz erfolgt seien und andere Bereiche als die Streitgegenständlichen betrafen. Letztlich sei die Klage verjährt, da schon 2001 eine Abnahme des Daches durch die Ersterwerber erfolgt sei.
Das Urteil des OLG Hamburg
Gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts, welches der klagenden Eigentümergemeinschaft fast vollumfänglich stattgab, legte die Beklagte Berufung ein. Das OLG Hamburg bestätigte jedoch das Urteil des Landgerichts.
Ausführungen zu den verwendeten AGB
Das OLG sah es als erwiesen an, dass hinsichtlich der Ersterwerberverträge keine wirksame Abnahme stattgefunden habe, da die vereinbarte Klausel den Ersterwerbern die Möglichkeit nehme, über die Ordnungsgemäßheit der Werkleistung des Bauträgers selbst zu befinden. Eine Abnahme durch den Abnahmeausschuss nehme dem Erwerber sein originäres Abnahmerecht. Folge der unwirksamen Klausel ist, dass das Dach im Jahr 2001 durch die Ersterwerber nicht wirksam abgenommen wurde und eine Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt wurde.
Auch eine konkludente Abnahme durch die Eigentümergemeinschaft komme nicht in Betracht, da nach den Umständen des Einzelfalles das nach außen hervortretende Verhalten des Bestellers den Schluss rechtfertigen muss, er billige das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß. Die Erwerber gingen jedoch aufgrund der vertraglichen Regelung davon aus, dass eine Abnahme bereits erfolgt sei.
Ausführungen zur Verjährung
Das Gericht befand, dass der bei den 2004 abgeschlossenen Verträgen vereinbarte Gewährleistungsausschluss selbst bei einer für die Beklagte günstige Annahme einer Abnahme im Jahr 2001 vor den Ablauf der Verjährungsfrist der Ersterwerber fiele und somit unbillig sei. Die regelmäßige Verjährungsfrist bei Bauwerken beträgt 5 Jahre.
Auch durch die Abnahme der Reparaturarbeiten im Jahr 2009 sei keine Abnahme des Hauses erfolgt. Selbst wenn man dies annehme, sei im Jahr der Klage (2012) noch keine Verjährung eingetreten.
Ausführungen zum Mangelbegriff
Das OLG unterstrich bezüglich der festgestellten Mängel, dass der Besteller im Allgemeinen seiner Darlegungslast genügt, wenn er einen Mangel in seinem äußeren Erscheinungsbild behauptet und belegt. Erforderlich sei demnach nur eine hinreichend genaue Bezeichnung von Mangelerscheinungen, die einer fehlerhaften Leistung des Baubeteiligten zugeordnet werden. Im Übrigen liege die Beweislast für die Mangelfreiheit mangels wirksamer Abnahme bei der Beklagten.
Praxistipp:
- Einseitig durch den Verkäufer verwendete Allgemeine Geschäftsbedingungen dürfen den Käufer nicht unangemessen benachteiligen. Dies gilt auch für solche Klauseln, die bei einer Mehrzahl von Verträgen individualvertraglich leicht voneinander abweichen, inhaltlich jedoch die selbe Wirkung haben.
- Für Erwerber und Verkäufer einer neu errichteten Immobilie ist die Abnahme der entscheidende Zeitpunkt für den Beginn von Verjährungsfristen hinsichtlich etwaig auftretender Mängel. Beide Parteien sollten somit äußerste Sorgfalt walten lassen und sich entsprechend beraten lassen.
- Auftretende Mängel sind möglichst frühzeitig zu benennen und zu dokumentieren, um eventuell nachträglich notwendige Sachverständigenkosten zu reduzieren.
Das Urteil im Volltext finden Sie hier.
Zu Einzelheiten dieser Rechtsprechung und den Anforderungen an einen wirksamen Bauträgervertrag steht Ihnen Rechtsanwalt und Notar Oliver Merleker gerne zur Verfügung.