BAG: Vorverträge über den späteren Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sind im Arbeitsrecht grundsätzlich zulässig
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das beklagte Unternehmen hatte mit dem klagenden Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag folgende Klausel vereinbart:
„Der Mitarbeiter erklärt sich bereit, auf Verlangen des Unternehmens ein Wettbewerbsverbot für die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren (aber auch kürzer) zu vereinbaren, das der Anlage 1 zu diesem Vertrag entspricht. Das Verlangen kann gestellt werden, solange der Arbeitsvertrag nicht von einer Vertragspartei gekündigt wurde.“
Der Vorvertrag sah eine Karenzentschädigung (finanzielle Entschädigung als Ausgleich für nachvertragliches Wettbewerbsverbot) für den Fall vor, dass der Arbeitgeber die Option auf den Abschluss der Wettbewerbsvereinbarung fristgerecht geltend machte.
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis, ohne den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vom Kläger zu verlangen. Der Arbeitnehmer nahm an, er habe dennoch Anspruch auf eine Karenzentschädigung. Er blieb in allen Instanzen erfolglos.
Begründung des BAG
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) war der Vorvertrag zu dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot wirksam.
Etwaige Vorverträge könnten zwar eine unverbindliche Wettbewerbsbeschränkung beinhalten, wenn diese das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers unbillig behinderten. In solch einem Fall könnte ein Arbeitnehmer entscheiden, ob er sich an dieses Wettbewerbsverbot hält (Wahlrecht) und bei einer Entscheidung für die Bindung auch eine Karenzentschädigung einfordern.
Im konkreten Fall erachtete das BAG den Vorvertrag jedoch als rechtswirksam. Grundsätzlich könne ein berechtigtes Interesse für einen derartigen Vorvertrag bestehen, wenn die künftige Entwicklung des Arbeitnehmers, die Weiterentwicklung der schützenswerten wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit bei Abschluss des Arbeitsvertrages nicht hinreichend absehbar seien. Eine unbillige Erschwerung des Fortkommens liege bei einem Vorvertrag dann vor, wenn der Arbeitgeber nach dessen Regelungen den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes auch noch dann verlangen könne, wenn eine der Vertragsparteien (z.B. der Arbeitnehmer) das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt habe. Dies sei bei dem streitgegenständlichen Vorvertrag jedoch nicht der Fall gewesen. Auch sei das erforderliche Interesse des Arbeitgebers für den Abschluss des Vorvertrages zu bejahen gewesen.
Praxistipp:
- Vorverträge mit einer Option zu Gunsten des Arbeitgebers zum Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes können grundsätzlich wirksam sein.
- Der Vorvertrag muss in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich vorsehen, dass die Vereinbarung des Wettbewerbsverbotes nur bis zur Kündigung des Arbeitsvertrages durch eine der Vertragsparteien verlangt werden kann.
- Das erforderliche Interesse an einem nachvertraglichem Wettbewerbsverbot besteht insbesondere dann, wenn die künftige Entwicklung des Arbeitnehmers, die Weiterentwicklung der wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht hinreichend absehbar sind.
Die Entscheidung des BAG (10 AZR/18).
Bei Rückfragen zu dieser Rechtsprechung sowie der individuellen Formulierung im Arbeitsvertrag steht Ihnen gerne Herr Rechtsanwalt Alexander Günzel, Fachanwalt für Arbeitsrecht, zur Verfügung.